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Katharina Neubacher Die frühkindliche Bindung
Der sozialpsychologische Begriff der Bindung (englisch: bonding/attachment) bezeichnet ein genetisch vorgeprägtes Verhalten von Primatenkindern (insbesondere Menschen), das auf die Hinwendung zu älteren Artgenossen (insbesondere die Mutter) gerichtet ist. Die Kinder erhoffen sich in der Regel von den Eltern Schutz und Versorgung. Die Bindungstheorie beschreibt in der Psychologie das Bedürfnis des Menschen, eine enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehung zu Mitmenschen aufzubauen. Entwickelt wurde diese Theorie von dem britischen Kinderpsychiater John Bowlby und der kanadischen Psychologin Mary Ainsworth. Inhalt dieser Theorie ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Laufe des Lebens. Sie geht vom Modell der Bindung der frühen Mutter-Kind-Beziehung aus. Bonding nennt man die erste intensive Kontaktaufnahme zwischen Mutter-Kind-Vater. Es sind die ersten unbeschreiblichen Augenblicke nach der Geburt, wenn die Eltern ihr Kind in die Arme nehmen. Diese sind von ganz starken Empfindungen geprägt, so dass Eltern sie ein Leben lang nicht vergessen werden. Das erste Befühlen, Riechen, Schmecken, Sehen und Hören nach der Geburt fördert die soziale Bindung. In diesen ersten innigen Momenten wird das menschliche Urvertrauen geprägt und bilden die Grundlage, Liebe und Zuneigung stetig wachsen zu lassen. Das größte Sinnesorgan des Menschen ist die Haut, deshalb ist es auch so bedeutsam, dass das Neugeborene sofort nach der Geburt engen Hautkontakt zu seinen Eltern hat. Daher sollten das Neugeborene und die Eltern in den ersten 1 – 2 Stunden dieser Kennen- Lernphase auch nicht getrennt oder gestört werden.
Menschen sind sozial ausgerichtete Wesen. Schon der Fötus verfügt über die gleiche Anzahl von Neuronen (100 Milliarden) im Gehirn wie ein Erwachsener, allerdings wird ein Großteil noch vor der Geburt wieder abgebaut. Um das Potential dieser Neurone wirklich zu nutzen, müssen sich diese erst vernetzen (Synapsen bilden), was durch „Input“, möglichst über alle Sinneskanäle, geschieht. Mit einer ausschließlichen Versorgung im Sinne von Füttern und Wickeln des Säuglings ist es daher nicht getan. Wie sich schon in diversen grausamen Experimenten mit Waisenkindern in den vergangenen Jahrhunderten gezeigt hat, starben die Kinder, die nur „versorgt“ wurden und keinerlei weitere Ansprache, Fürsorge oder gar liebevolle Zuneigung erhielten. Eine sichere, liebevolle Umgebung ist daher für das Wohlgedeihen eines Kindes unerlässlich.
In neueren Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Eltern-Kind Beziehung auch durch eine zeitlich begrenzte außerfamiliäre Betreuung nicht gestört wird. Bowlby und Ainsworth unterscheiden verschiedene Phasen der Bindung, deren Auswirkungen bei einer Störung unterschiedlich sind. Es wurden Kinder im Alter von 12 – 18 Monaten getestet:
Kinder, die keine verlässlichen Bezugspersonen oder gar multiple Beziehungswechsel von primären Bezugspersonen oder Traumatisierungen erlebt haben, zeigen häufig ein paradoxes Verhalten. Fremden gegenüber zeigen sie sich distanzlos, sehr vertraulich und sind oftmals auch überangepasst, d.h. sie tun alles, um den Erwachsenen zu gefallen. Andererseits testen Kinder, die fremd untergebracht wurden, z.T. sehr massiv und konträr, wie sehr sie die neuen Bezugspersonen lieben. Etwas anschaulicher gesprochen: Die Kinder bauen jede Menge Mist und testen, ob die Erwachsenen sie dennoch lieben oder gar wieder verlassen werden. Andere Kinder wiederum können Nähe oder Zuneigung nicht aushalten und auch auf Dauer keine intensiven Bindungen mehr eingehen. Es besteht die Annahme, wenn auch nicht ganz wissenschaftlich belegt, dass jeder Mensch über so genannte genetische Bindungsarme verfügt. Manche Menschen sind mit mehreren dieser „Arme“ ausgestattet, so dass bei einem Bindungsverlust durchaus wieder neue Bindungen geknüpft werden können. Menschen, die nur ganz wenige „Bindungsarme“ besitzen, können sich u.U. bei einem massiven Bindungsverlust nicht mehr an andere Personen binden.
Neben dem genetischen Aspekt kommt aber auch den Botenstoffen (Neurotransmittern) im Gehirn Bedeutung zu. Kinder der Bindungstypen unsicher/desorganisiert befinden sich häufig in einem Stresszustand, dieser bewirkt, dass vermehrt das Hormon Cortisol (wirkt entzündungshemmend) ausgeschüttet wird.
Autor des Artikels und inhaltlich verantwortlich: Katharina Neubacher Datum des Eintrags: 07.04.11 Fachbeiträge sind von dem Autor verfasst und unterliegen dem Urheberrecht. |
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