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Iwailo Schmidt

Merkmale der Augen: Von Aristoteles bis heute

Anfänge der Augendiagnostik

Die Anfänge der Augendiagnostik liegen nachweislich vor dem ersten christlichen Jahrtausend. Die Chaldäer verfassten Schriften zum Ablesen von Krankheiten aus dem Auge. Auch der griechische Philosoph Aristoteles (384–322 v. Chr.) versuchte, sein Gegenüber durch gezieltes Beobachten der Augen zu analysieren.

Auch die chinesischen Heilkundigen versuchten seit Jahrtausenden, organische Leiden in der Iris, aber auch an Augenlidern, an der Sklera und der Pupille abzuleiten. 

Im „Gleichnis vom Licht” schreibt der Apostel Lukas (Kapitel 11, Verse 33-36): „Niemand zündet eine Lampe an und stellt sie in ein Versteck oder unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter, damit die Eintretenden den Lichtschein sehen. Die Leuchte deines Leibes ist dein Auge. Ist dein Auge klar, ist auch dein ganzer Leib im Lichte, ist es aber schlecht, ist auch dein Leib in Finsternis.” 1670 veröffentlichte Meyens in seiner „Physiognomia medica” erste schematische Einteilungen der Iris und die Zuordnungen der einzelnen Felder zu den entsprechenden Organen und Körperteilen.


Ignaz von Pèczely

Erst zweihundert Jahre später entwickelte der ungarische Arzt Ignaz von Pèczely (1822 – 1911) eine wissenschaftlich fundierte Topographie der Irisdiagnostik, von der alle späteren Iridologen ausgingen. Über seine Entdeckung der Irisdiagnose kursiert folgende merkwürdige Geschichte: Als elfjähriger Junge soll er beim Hüten von Schafen eine Eule gefangen haben, die sich in seinem Arm aus Todesangst festkrallte. Da sich der Junge keinen Rat wusste, um sich von der Eule wieder zu befreien, brach er ihr ein Bein. In diesem Moment entdeckte er in den schlitzförmigen Augen des Tieres, wie sich eine feine strichförmige Linie bildete. Dieses Erlebnis sollte bei ihm derartig nachhaltig gewirkt haben, dass er begann, Iriden aufmerksam zu beobachten und schließlich in Budapest Medizin zu studieren und zum Doktor zu promovieren.

Der Autor bezweifelt diese Geschichte aus verschiedenen Gründen. Erstens war Pèczely ein Adliger und aufgrund dieser Tatsache ist die Wahrscheinlichkeit, als Hütejunge gearbeitet zu haben, gering. Zweitens konnte der Autor trotzt langjähriger Arbeit in der Anästhesie und in der Notfallmedizin nie beobachten, dass eine frische Fraktur sofort zu Veränderungen in der Iris führt. Da es zu den Kontrollpflichten des Autors gehört hat, den Pupillenreflex und die Pupillenöffnung beim narkotisierten Menschen zu beobachten – die heutige Patientenüberwachungstechnik gab es damals noch nicht – konnte er in aller Ruhe seine Irisbeobachtungen am Patienten durchführen und mit frischen Traumatisierungen vergleichen. Die Iris verändert sich in der Regel nicht spontan, sondern über viele Monate.

Tatsache ist, Pèczely veröffentlichte 1881 sein aufsehenerregendes Buch: „Entdeckung auf dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, Anleitung zum Studium der Diagnose aus dem Auge”. Der Autor hält es für wahrscheinlicher, dass Pèczely durch Literaturquellen in Budapest an frühere Werke geraten ist, wie die schon erwähnten. Parallelen in seinen Ausführungen weisen darauf hin. Da in der damaligen Zeit weder eine gute Mikroskopietechnik und schon gar keine geeigneten Lichtquellen zur Verfügung standen, war die Diagnostik nur eingeschränkt möglich. So erklärten sich einige entstandene Fehler. Die Exaktheit der Diagnostik im Magen-Darmfeld war dagegen trotz der nur zur Verfügung stehenden Lupe hervorragend und musste später kaum korrigiert werden. Das Ergebnis war eine Zeichnung, in deren Kreisbögen Zahlen in den einzelnen Bereichen eingetragen waren. Teilweise waren auch schon Worte in der Topographie eingetragen. Neben dieser Zeichnung gab es eine Tabelle mit der entsprechenden Legende. Unabhängig von Pèczely praktizierte der schwedische Pastor Nils Liljequist die Irisdiagnostik. Beide trafen sich ca. 1890 und begannen zusammenzuarbeiten. Liljequist konnte in seinem 1893 erschienenen Buch mit dem Titel: „Diagnose aus dem Auge” einige Korrekturen an der Lokalisationstafel von Dr. Pèczely vornehmen. In seiner Topographie verzichtete er auf Zahlenangaben und arbeitete mit Begriffen wie: „Pulmo”, „Thorax”, „Abdomen” usw.


Pastor Felke

Der Pastor Erdmann Leopold Stephanus Emanuel Felke (1856–1926) konnte weitere wesentliche Verbesserungen vornehmen, indem er topographische Punkte und Organfelder präzisierte. Neben seinen theologischen Vorlesungen besuchte Felke regelmäßig naturwissenschaftliche und medizinische Lehrveranstaltungen. Schon früh drang sein guter Ruf als Irisdiagnostiker und Heilkünstler weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Eben aus diesem Grund war er immer wieder verschiedensten Anfeindungen, vor allem aus der Richtung der Mediziner, ausgesetzt. 1909 kam es dann schließlich zu einem Prozess wegen angeblicher fahrlässiger Tötung. 24 namhafte Ärzte traten gegen ihn und die Irisdiagnostik als Sachverständige auf. Beim Studium der damaligen Gerichtsunterlagen konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht Felke, sondern die Irisdiagnostik angeklagt werden sollte. Trotz seines Freispruchs hat dieser Prozess der damaligen Irisdiagnostik sehr geschadet. Im Jahre 1912 legte Felke sein Pfarramt nieder, da er sich vor dem großen Patientenstrom kaum retten konnte und betrieb eine große Praxis in Sobernheim, aus der verschiedene homöopathische Komplexmittel entstanden, die heute noch erfolgreich im Einsatz sind.


Heinrich Hense

Sein Schüler Heinrich Hense (1886–1955) protokollierte übrigens die Einzelheiten des damaligen Gerichtsprozesses. Im Jahre 1907 gründete dieser die pharmazeutische Firma Heinrich Hense in Krefeld, wo er die Komplexhomöopathika von Felke weiterentwickelte und ausbaute. Als Firmenchef verbrachte er dennoch die größte Zeit in seiner erfolgreich laufenden Naturheilpraxis, die er bis kurz vor seinem Tod betrieb. Hense brachte bereits 1908 ein radioaktives Heilmittel mit dem Namen Thorraduran (eine Thorium-Radium-Uranmischung) auf den Markt. Die 1961 erlassene Strahlenschutzverordnung führte zum Produktionstopp des Präparates und zur Rückbesinnung der Familie Hense auf die Komplexmittelfertigung unter dem Firmennamen TRUW. Hense brachte eine Topographie heraus, die sich durch ihr eckiges Magen-Darmfeld heraushob. Ebenso entwickelte er eine Fülle von Feldbezeichnungen, die er namentlich einzeichnete. Er ging so weit, dass er sogar die einzelnen Herzklappen einzeichnete, was sich später allerdings nicht durchsetzen konnte. Er war ein Meister der Iridologie und nur ein Meister kann mit seiner Topographie umfassend arbeiten. Kriege, ein weiterer Iridologe, hat die Topographie von Hense wieder vereinfacht. Der Hirnbereich ist nicht so sehr detailliert dargestellt. Das Magen-Darmfeld ist aufgegliedert und die Speichenform sehr übersichtlich herausgearbeitet. Kriege war derjenige, der alles in lateinische Bezeichnungen umformuliert hat.


Magdalene Madaus

Ebenso wie Hense wurde Frau Magdalene Madaus (1857–1925) von Felke in die Irisdiagnostik eingeführt. Im Jahre 1915 veröffentlichte sie ein Buch über die Irisdiagnostik. Ihr Name lebt in der Homöopathiefirma Madaus fort, die sich in Radebeul in der Nähe Dresdens gründete. Ihre Tochter Eva Flink (1886–1959) überarbeitete die Topographie ihrer Mutter in der dritten Auflage von deren Lehrbuch. Sie zeichnete in die linke und rechte Iris Gesichter ein, stellte graphisch Beine und Arme in einem separaten Feld dar. Ebenso gab sie dem Ohr ein Feld und durch die von ihr geschaffenen Diagonalen entstand eine eigenständige Topographierichtung. Der heutige Arzneimittelschlüssel der Firma Madaus entstammt hauptsächlich aus ihrer Feder.


Rudolf Schnabel

Rudolf Schnabel (1882–1952) forschte erst selbstständig in der Iridologie, bis er von Felke eingeladen wurde. Im Jahre 1915 erschien sein erstes Buch „Das Auge als Gesundheitsspiegel.” In dieser Zeit studierte er an der Züricher Universität Naturwissenschaften. Aufgrund seines Buches wurde er von der Universität verwiesen. Daraufhin gründete er in München das „Laboratorium für angewandte ophthalmologisch- physiologische und diagnostische Hilfswissenschaft.” Schnabel veröffentlichte eine ganze Reihe von Büchern über die Irisdiagnose. Besonders setzte er sich für eine gute Irisbeleuchtung und Mikroskopietechnik ein. So arbeitete er 1920 eng mit dem Universitätsoptiker Buchner von der Firma Leitz und mit Dr. Schwalm von der Firma Zeiss zusammen. Sein Wirken brachte ihm schlussendlich mehrere Ehrentitel ausländischer Universitäten ein. Einer der bedeutendsten Altmeister war Angerer. Der Autor nimmt an, dass dieser ein Schüler von Hense war. Er schuf eine sehr fein gegliederte Topographie. Das Herz gliederte er allerdings nicht so detailliert wie Hense. Das Herz hat Angerer links und rechts in den linken Iriskreis eingezeichnet. Das ist so in keiner anderen Topographie zu finden. Jaroszyk hat eine zweifarbige Karte herausgebracht, die sehr schön aufgebaut ist. Dabei hat er die zirkuläre Topographie der einzelnen Kreise farblich abgesetzt. Die Wirbelsäule wurde von ihm nach außen gesetzt, was natürlich anatomisch richtig ist. Das Darmfeld ist schön stilisiert und die Speichenform wurde konsequent durchgehalten. Für Anfänger ist seine Topographie sehr zu empfehlen.


Josef Deck

Josef Deck (1914–1990) war der systematischste Irisforscher. Nach dem Krieg erhielt er von Professor Dr. E. Volhard den Auftrag, gemeinsam mit dessen Oberarzt Dr. F. Vida 1950–1956 Irisbefunde klinisch zu prüfen. Seine wichtigsten Werke sind die „Grundlagen der Irisdiagnostik” und die „Differenzierung der Iriszeichen.” Ebenso zeichnete er sich fotografisch durch seine perfektionierte Sektorenfotographie aus, die bis heute unübertroffen bleibt. Er gründete die bis heute international bekannten „Ettlinger Internationale Kurse für Irisdiagnostik,” die nach seinem Tode durch das Pastor Felke Institut fortgesetzt wurden. Die Lehrtätigkeit am Institut und die weiteren Forschungsarbeiten, vor allem basierend auf den Arbeiten von Josef Deck, wurden in den letzten Jahrzehnten von den beiden Iridologen Willy Hauser und Josef Karl fortgesetzt, von denen letzterer für den Autor aus dem persönlichen Kontakt heraus, nicht nur ein guter Diagnostiker, vor allem auch einer der besten deutschen Phytotherapeuten ist. Dennoch bedarf die vom Pastor Felke Institut vertriebene Topographie einiger Verbesserungen. Auch die vom Autor weiterentwickelte Topographie sollte in den nächsten Jahrzehnten einer Feinkorrektur unterzogen werden. Somit ist die Irisdiagnostik in ihrem Forschungsauftrag bei weitem noch nicht abgeschlossen und es bedarf auch in Zukunft vieler fleißiger Kollegen, die durch gewissenhaftes Dokumentieren und Vergleichen diese Diagnostik noch genauer und leistungsfähiger machen.




Autor des Artikels und inhaltlich verantwortlich:
Iwailo Schmidt

Datum des Eintrags: 26.05.11  

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